Immer der Nase nach

Käse Inselkäserei Usedom
Käse von der Insel Usedom

Immer der Nase nach

von: Mareike Klinkenberg
30 July 2018

Der Tag beginnt mit der Anlieferung der Bio-Milch. Sie kommt per Tank von Landwirtin Theresa Roller. Ihr Vater Paul Jahnel fährt vor und mit wenigen Handgriffen wird die Milch abgepumpt. Es ist Milch mit einem Fettgehalt von sechs, einem hohen Einweißgehalt von vier Prozent und besonders reich an gesundem Kappa-Casein sowie Beta-Casein... – Beste Voraussetzungen, um daraus feinsten Käse herzustellen. – Und das beherrscht der Käser Steffen Schultze aus dem Effeff. Schließlich hat der im Schwarzwald geborene seinen Beruf in der Schweiz auf den verschiedensten Almen erlernt. Schon im Alter von 15 Jahren ließ er sich vom „Käsevirus“ infizieren und hat in mehreren Jahren der Ausbildung das Handwerk von Pike auf erlernt: wie Appenzeller oder Emmenthaler hergestellt werden, wie feine Butter entsteht und wie der Käse schließlich zu affinieren ist. Diese Kunst hat Steffen Schultze in seiner Zeit auf der Insel Usedom seit 2001 immer weiter verfeinert. Mit Fingerspitzengefühl führt er den Käse zum Genuss-Höhepunkt, indem er ihn während des Reifens zum Beispiel mit Rotwein, Molke oder Grünem Tee pflegt, den Käse beobachtet, immer wieder an ihm schnuppert, ihn wendet, auch immer wieder experimentiert – also sehr viel Zeit in jeden Laib Käse im Reifekeller investiert.

Bevor es jedoch soweit ist, hat Steffen Schultze schon bei der Verarbeitung der Rohmilch alle Hände voll zu tun: die Milch versetzt er im Kupferkessel mit Mikroorganismen, Lab kommt hinzu, die Milch wird sanft erwärmt und nach einer Stunde mit der Harfe zerkleinert. „Je kleiner die Bruchstücke sind, umso fester wird am Ende der Käse“, erklärt der Experte und zieht die Harfe noch mehrfach kräftig durch die dick gewordene Milch. Nach einer Stunde wird der Kupferkessel geleert und in einem großen Becken die Molke aus der Käse-Masse gepresst.

Daraus schneidet der Käser Quadrate und presst sie in die runde Form. Einen Tag bleiben die Laibe in diesen Formen, bevor sie dann in den Reifekeller wandern. Hier schließlich lagern die Laibe in den Regalen und reifen ihrer Namen entgegen: nach drei Monaten spricht der Experte vom „Usedomer Jungen“, nach sechs Monaten vo, „Usedomer Mittel“, ein Jahr der Reifung bringt schließlich den „Usedomer Alt“ hervor. Laibe, die noch länger reifen werden zum „Senior“ oder sogar zum „Ultra Senior“. – Beim Hören dieser Zahlen verstehe ich endgültig den Begrüßungssatz: Käse braucht seine Zeit!

Genießen können Einheimische und Gäste der Insel den Welziner Käse in Edeka-Märkten, aber auch in den Hotels „DAS AHLBECK“ oder der „Remise“ in Stolpe. Aber natürlich auch im eigenen Hofrestaurant. Hier waltet Beatrice Schulz als gute Seele hinter dem Tresen. Sie ist ebenfalls vom „Käsevirus“ befallen, denn sie hält „nebenbei“ noch Ostfriesische Milchschafe und Thüringische Waldziegen, so dass in diesem Jahr in der Inselkäserei auch Schafs- und Ziegenkäse über den Ladentisch gehen werden. Und auch diese neuen Sorten brauchen ihre Zeit. Doch darauf freut sich Steffen Schultze schon sehr und gönnt sich am Ende des Arbeitstages einen kräftigen Kaffee, und ich schaue auf meine Uhr, die nicht nur zwei vergangene Stunden, sondern inzwischen sieben anzeigt...

Eckhard Behr

www.inselkaese.de

Steffen Schultze im Reifekeller seiner Inselkäserei in Welzin.
Steffen Schultze im Reifekeller seiner Inselkäserei in Welzin.

 

Eckhard Behr
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Text:

Mareike Klinkenberg